Die „Liebe zum Lernen“ ist eine der 24 Signaturstärken, die die Positive Psychologie als glücksförderlich identifiziert hat. Im Gegensatz zur ebenfalls dazu zählenden Neugier geht es bei dieser Stärke um die systematische Erweiterung seines Wissens und Könnens.
Sind Sie jetzt neugierig geworden und fragen sich, an welcher Stelle diese Stärke bei Ihnen steht? Dann können Sie es mithilfe des kostenlosen Signaturstärken-Tests herausfinden. Im Ergebnis steht dann dazu:
„Liebe zum Lernen: Sie lieben es, Neues zu lernen; ob in einer Gruppe oder auch allein. Sie mochten schon immer die Schule, Lesen oder Museen – überall und an allen Orten besteht die Möglichkeit zu lernen.“
Was ist Lernen genau?
Bevor wir ins Stärkenportrait einsteigen, möchte ich mit Ihnen einen Blick auf den Begriff „Lernen“ werfen: Lernen ist der absichtliche oder beiläufige Erwerb von etwas Neuem. Das können neue Denkweisen, Wissen oder Fähigkeiten sein. Lernen gehört zu unseren Überlebensgrundlagen, denn nur dadurch können wir uns an unsere Umwelt und ihre Erfordernisse anpassen, sinnvoll agieren und gegebenenfalls Veränderungen herbeiführen. Lernen können wir alle. Menschen, bei denen es eine Signaturstärke ist, tun es jedoch besonders gern und häufig.
Lernen kann durchaus durch Neugier beflügelt werden. Zumeist ist Neugier jedoch ein eher kurzfristiges Verlangen, das einem Reiz folgt, dem wir aufgrund unseres Erkundungsdranges solange folgen, bis sie befriedigt ist. Lernen hingegen ist ein Prozess, der in der Regel der Wiederholung bedarf. Das wird sehr schön im folgenden Modell deutlich.
Vier Stufen des Lernens
Sicher haben Sie schon einmal vom vierstufigen Modell des Lernens gehört. Zur Auffrischung möchte ich es Ihnen noch einmal kurz anhand eines Beispiels erläutern:
In Stufe eins, der unbewussten Inkompetenz, hat Herr Meier keine Ahnung davon, dass ihn andere für unfähig halten, Konflikte zu lösen. Er weiß auch nicht, dass er keine Konfliktlösungsstrategien anwendet oder dass man so was lernen könnte.
In Stufe zwei, der bewussten Inkompetenz, hat er das durch schmerzliche Erfahrung erkannt. Vielleicht hat es ihm auch jemand gesagt. Er weiß nun, dass er ihn in Sachen Konfliktlösungs-Kompetenz noch was lernen kann. Doch noch hat er keine Ahnung, wie er sich anders verhalten könnte, als heute.
In Stufe drei, der bewussten Kompetenz, hat die Herr Meier ein Konfliktlösungs-Seminar besucht und kennt nun verschiedene Strategien, wie derartige Herausforderungen angegangen werden können. Er weiß also, was zu tun ist, muss sich aber noch sehr auf die neu gelernten Vorgehensweisen konzentrieren.
In Stufe vier, der unbewussten Kompetenz, hat Herr Meier die Konfliktlösungsstrategien so oft angewendet, dass sie ihm in Fleisch und Blut übergegangen sind. Er wendet sie also unbewusst an. Diese Verinnerlichung ist sehr oft Ziel des Lernens.
Lernen ist eine komplexe und vielfältige Angelegenheit, die eine Vielzahl an Tätigkeiten und Fähigkeiten umfasst, unter anderem:
- etwas bereits Bekanntes zu erinnern, aufzufrischen und zu vertiefen,
- etwas umlernen, also beispielsweise eine Gewohnheit verändern wollen,
- etwas einprägen und auswendig lernen, z. B. bestimmte Zusammenhänge, Fakten oder Vokabeln,
- etwas zu erfassen, zusammenzufassen oder zu überarbeiten.
Was macht Menschen mit dieser Stärke aus?
Wenn Sie wie ich zu denen gehören, die das Lernen lieben, werden Sie bestimmt auch mehrmals jährlich Aus- und Weiterbildungen besuchen oder werden von Fachbüchern oder Vorträgen die Ihre Interessengebiete bedienen, magisch angezogen. Oft, aber nicht immer gilt das auch für den Austausch mit Gleichinteressierten oder Menschen, die Ihnen etwas zu für Sie relevanten Themen vermitteln können.
Wie schon erwähnt, gehört zum lernen auch, sich anpassen zu können. Das Lernen liebende Menschen sind daher zumeist auch flexibel in Bezug auf ihre Reaktionen und Verhaltensweisen bei Veränderungen und Umbrüchen. Anpassen heißt dabei nicht, sich auf alles einzustellen oder alles zu schlucken, was einem angetragen wird oder passiert. Vielmehr sind lernstarke Personen sehr schnell dabei, die Dinge systematisch zu erfassen oder zu schauen, wie andere etwas in ähnlicher Situation angegangen sind. Zumeist sind sie auch schneller darin, sich Hilfe von anderen zu holen, statt ewig allein weiterzustrampeln oder zu brüten. Nicht selten geht diese Stärke aber auch mit einer hohen Veränderungsbereitschaft einher.
Menschen, die gerne lernen, haben ein fundiertes Wissen in ihrem Fachgebiet und/oder eine ausgezeichnete Allgemeinbildung. Sie halten sich mit Freude auf dem Laufenden und sind oft vielseitig interessiert. Interessieren tut sie daher zumeist auch, wie man erfolgreich lernt. So können sie ihre Wissbegier noch besser stillen.
Vorteile
Die wesentlichen Vorteile, die die Liebe zum Lernen mit sich bringt, sind:
- hohe Kompetenz, nicht selten gepaart mit Expertenstatus
- geistige Flexibilität und Fitness
- gute Steuerungs- und Anpassungsfähigkeiten
- und das Beste ist: Das allseits geforderte „lebenslange Lernen“ ist kein Muss oder Zwang, sondern ein Lustgewinn, der bereichert und zufrieden macht.
Im Sinne des Stärken-stärken-Ansatzes geht es nun wieder darum, Ihre Stärke „Liebe zum Lernen“ möglichst intensiv einzusetzen, um noch zufriedener und glücklicher zu leben.
Liebe zum Lernen im Berufsleben
Es gibt eine Vielzahl an Berufen, in denen kontinuierliches Lernen unumgänglich ist. Dazu gehören Steuerberater, Ingenieure, Ärzte, Coachs, PR-Leute … – Wohl dem mit dieser Stärke, der so einen gewählt hat. Und als lernbegieriger Zeitgenosse werden Sie die naheliegenden Dinge wie das regelmäßige Lesen von Fachzeitschriften oder das besuchen von Seminaren bereits alle tun. Oder nicht? Dann kann das ein Ansatzpunkt sein, diese Stärke zu stärken.
Darüber hinaus können Sie sich mit gleichgesinnten Kollegen regelmäßig zum Wissens-Austausch beim Lunch verabreden oder kontinuierlich Ihre Konkurrenten unter die Lupe nehmen und schauen, was die so an Erfahrung und Know-how haben. Jedes „über den Tellerrand gucken“ bringt auch Lernerfolge mit sich. Somit könnten Sie sich z. B. Vorgehensweisen verschiedener anderer Fachgebiete anschauen und wo sinnvoll übernehmen. Oder Sie informieren sich, wie Ihr Thema in anderen Unternehmen, im Ausland oder in anderen Kulturen angegangen wird.
Wissenstausch- und Erweiterungs-Netzwerke können Sie über Ihren Kollegenkreis hinaus pflegen, und zwar sowohl online als auch offline. Online können Sie es per Forum oder im Rahmen eines Corporate Blogs tun, wie es die Interface AG ganz hervorragend macht. Offline-Treffen mit Gleichgesinnten können Sie entweder selbst organisieren oder sie nutzen die Gelegenheit, sich im Rahmen von Fachmessen oder Kongressen zu treffen, auf denen sich die relevanten Personen sowieso tummeln.
Wissensmanagement und -austausch ist in vielen Firmen ein angesagtes Thema. Vielleicht ja auch in Ihrer? Dann mag es eine für beide Seiten gewinnbringende Idee sein, wenn Sie sich mit der verantwortlichen Stelle in Verbindung setzen und hier unterstützend tätig werden.
Die Möglichkeiten, seiner Liebe zum Lernen im Berufsleben zu frönen, sind nahezu unbegrenzt. Man muss ihnen nur auf die Spur kommen und es dann auch angehen. Was also könnten Sie in Ihrem Umfeld tun?
Liebe zum Lernen im Privatleben
Gleiches gilt für das Privatleben. Auch hier gibt es eine Fülle spannender Möglichkeiten, seine Lernliebe aktiv zu leben. Wissenszirkel und Austauschgruppen gibt es zu jedweden Themen online und offline zuhauf. Wenn Sie sich in Sachen Kindererziehung schlau machen und austauschen wollen, können Sie das in lokalen Elterngruppen tun oder auf Internetportalen wie Urbia.de. Zudem gibt es natürlich für so ziemlich jedes Thema eine Vielzahl von Ratgebern, Zeitschriften, Vorträge, Blogs etc.
Ich selbst schreibe ja leidenschaftlich gern und bin auch immer daran interssiert, mein Handwerk zu verbessern oder mich dazu mit anderen auszutauschen. Daher bin ich regelmäßig bei Gitte Härter auf Schreibnudel.de unterwegs, war eine zeitlang regelmäßig in einer Münchner Schreibwerkstatt zugange und kurz davor, in einen Künstlerverein einzutreten. Allerdings sind Vereine nicht so mein Ding, daher pflege ich heute gezielt den Kontakt zu einigen Schreibinteressierten. Die treffe ich entweder allein oder manchmal auch im Rahmen eines informellen Salons. – Überlegen Sie doch mal, welche Möglichkeiten es in Ihrer Umgebung oder im Internet zu Ihren Wissbegier-Themen gibt oder was Sie selbst initiieren könnten.
Kurse zu belegen sind in Sachen Wissenserwerb ein Klassiker. Diese können Sie derweil ja nicht nur offline, beispielsweise in Volkshochschulen oder anderen lokalen Akademien wie der Evangelischen Stadtakademie besuchen. Es gibt für viele Themen auch immer mehr Online-Workshops, wie sie beispielsweise Gitte Härter rund ums Schreiben anbietet. Und es gibt sogenannte Selbstlernkurse. Da bekommen Sie die Kurslektüre entweder in wöchentlichen Lektionen oder auf einen Rutsch per E-Mail zugesandt. Den Stoff können Sie dann im eigenen Tempo, überall und jederzeit für sich erarbeiten. Zwei solche Selbstlernkurse biete ich in Kürze an. Mehr Informationen darüber finden Sie hier. Für manche Themen gibt es auch Lernurlaube, beispielsweise zum Kochen oder Sprachen lernen.
Um Ihren Lernvorlieben und -Möglichkeiten auf die Spur zu kommen, finden Sie nun noch ein paar vertiefende Fragen.
Reflexionsfragen zur Stärke „Liebe zum Lernen“
Wenn Sie diese Stärke aktiver leben wollen, fragen Sie sich doch mal:
- Was bedeutet die Stärke „Liebe zum Lernen“ konkret für mich?
- Welche Vorteile bringt mir diese Stärke in meinem Leben?
- Welche Themen interessieren mich beruflich besonders?
- Welche Themen interessieren mich privat besonders?
- Wie lerne ich am liebsten?
- Allein oder mit anderen?
- Online durch Lesen oder in Workshops oder Offline in Präsenzseminaren oder auf Kongressen?
- Durch Abschauen von anderen?
- Im Austausch mit anderen?
- Durch das Selbstaneignen mithilfe von Selbstlernkursen, Büchern & Co?
- Welche konkreten Möglichkeiten gibt es für meine Interessengebiete? – Recherchieren Sie dafür im Internet, reden Sie mit Leuten, checken Sie Veranstaltungspläne …
- Wie kann ich diese Stärke mit meinen anderen Kernstärken verbinden und aktiv leben? (Dafür müssen Sie den Test der Positiven Psychologie gemacht haben.)
- Was konkret will ich nun diesbezüglich angehen?
Im nächsten Stärkenportrait geht es um „Vergebungsbereitschaft“. Gehört diese auch zu Ihren Stärken? Oder wollen Sie wissen, was es damit auf sich hat? – Dann:
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P.S. Alle bisherigen Beiträge rund um das Thema Stärken finden Sie hier.