Dass wir Unangenehmes wie die Steuererklärung oder Kelleraufräumen gerne vertagen, ist nicht verwunderlich. Doch wir neigen auch dazu, Schönes und Vergnügliches aufzuschieben und bringen uns so um herznährende Erlebnisse. Das zeigt sich beispielsweise darin, dass wir Geschenkgutscheine verfallen lassen oder eine besondere kulinarische Köstlichkeit solange aufheben, bis sie abgelaufen ist.
Aber warum tun wir das?
Wissenschaftler haben herausgefunden*, dass ein Grund dafür ist, dass wir glauben, wir hätten in der Zukunft mehr Zeit als heute. Zudem hoffen wir auf so etwas wie den idealen Zeitpunkt oder ideale Umstände, in denen wir dann das maximale Vergnügen für uns herausholen können.
Beides sind Irrtümer: Wir haben zukünftig nicht mehr Zeit. Und das Ausmaß unseres Vergnügens hängt viel mehr von unserer inneren Erlaubnis und unserer Genussfähigkeit ab.
Aus meiner Coachingpraxis weiß ich, dass auch Glaubenssätze wie „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!“ so manchen nicht zu den schönen Dingen des Lebens kommen lassen. Viele wollen sich erst dann etwas gönnen, wenn sie ein bestimmtes Ziel erreicht haben.
Doch mal ehrlich hingeschaut:
Gönnen Sie sich die Belohnung dann auch wirklich? Oder geht sie in den Wirren und Pflichten des Alltags unter?
Sind nicht erreichte Ziele es wert, sich zu bestrafen und sich die schönen Dinge des Lebens zu verkneifen? Oder ist Genussversagerei nicht auch eine unschöne Ausgeburt unserer Leistungsgesellschaft?
*Quelle: Shu/Gneezy: Procrastination of enjoyable experiences, Journal of Marketing Research, 2010