Bruno, ein junger Fisch, schwamm aufgeregt im Meer hin und her. Er hatte schon so viel Gutes und Vielversprechendes über das Meer gehört und wollte es nun unbedingt selbst erleben. Also machte er sich auf den Weg, um es zu finden. Auf seiner Suche begegneten ihm viele andere Fische und jeden fragte er: „Hallo Du, weißt Du, wo das Meer ist?“ Doch keiner hatte eine Ahnung, wo es sein sollte.
Eines Tages traf Bruno auf Friedrich, einen alten Fisch mit grauem Barthaar. >Wer so alt ist<, dachte sich Bruno, >der muss wissen, wo das Meer ist<. Und so sprach er ihn an: „Hey Du, kannst Du mir sagen, wo ich das Meer finde?“
Der weise Fisch stutze. Ihm war klar, wonach der junge Artgenosse suchte, doch wie sollte er es ihm so beibringen, dass dieser es wirklich verstand? Friedrich nickte andächtig und sagte: „Komm mit. Ich zeige es Dir. Aber es ist eine weite Reise.“ Tagelang durchschwammen die beiden den Ozean bis sie endlich an der Küste ankamen. Dort gab Friedrich Bruno einen kräftigen Hieb mit seiner Schwanzflosse, so dass dieser in hohem Bogen an Land flog.
Da lag er nun, der arme Bruno, japste, zappelte mit den Flossen und schnappte wild nach Atem. >Das soll das Meer sein?<, fragte er verzweifelt? Die Sonne brannte unbarmherzig und seine Haut wurde schon ganz trocken. Gerade als er meinte, er müsse jämmerlich verrecken, zog Friedrich ihn zurück ins Wasser.
Bruno holte tief Luft und füllte seine Kiemen mit dem frischen Nass. Langsam kehrten seine Kräfte zurück und er konnte wieder schwimmen. Und plötzlich verstand er, wo und was das Meer ist. Er jauchzte und tollte, rollte freudig mit den Augen und dankte Friedrich herzlich. Fortan genoss er bewusst, wach und voller Lebenslust sein Da-Sein. Und wenn er nicht gestorben ist… :-)
Diese Geschichte habe ich ungefähr in diesem Wortlaut im Yoga-Retreat gehört, das ich diesen Sommer besucht habe. Und weil ich sie so sinnreich fand, habe ich sie Ihnen frei nacherzählt. – Geht es uns nicht manchmal genauso wie Bruno? Dann wurschteln wir so vor uns hin oder grübeln und sorgen uns, statt diese unglaubliche Erfahrung des Lebens hellwach auszukosten und innig zu spüren. Doch wir das haben wir in der Hand, jeden Moment wieder.
Ein Kommentar zu “Vom Fisch der auszog das Meer zu finden”