In meinem Kurs „Bis hierher und nicht weiter!“, in dem es ums Nein-sagen und Grenzen-setzen geht, kommt immer wieder die Frage: „Wie krieg ich mein schlechtes Gewissen los?“. Und tatsächlich schleicht sich beim Besser-für-mich-einstehen und Grenzüberschreitern-die-Schranken-weisen oft dieses schwer auszuhaltende Gefühl ein, obwohl wir hier eigentlich genau wissen, dass wir nach unseren Maßstäben richtig handeln.
Was ist das Gewissen überhaupt?
Das Wort ‚Gewissen‘ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie ‚Mit-Wissen‘ oder ‚durch das Wissen‘. Es ist eine Art inneres Beurteilungssystem, nach dem wir bewerten wie wir denken und handeln. Es fragt uns nach „Richtig?“ oder „Falsch?“. Grundlegend ist das Gewissen eine positive, weil gemeinschaftsförderliche Instanz, die dazu beiträgt, dass wir als soziale Wesen friedlich und kooperativ miteinander leben können. Ohne es würden wir uns gnadenlos beklauen, ausnutzen oder töten.
Jeder Mensch hat ein ganz eigenes Beurteilungssystem, das aus verschiedenen Quellen beeinflusst wird, beispielsweise durch gesellschaftliche Sitten und Normen, religiöse Vorgaben oder durch die Ansichten von Vertrauens- oder Respektspersonen, wie Eltern oder Vorgesetzte. Doch auch wir selbst prägen unser Gewissen, denn je lebenserfahrener und bewusster wir werden, desto mehr beeinflussen unsere eigenen ethisch-moralischen und intuitiven Überzeugungen und Wertvorstellungen auch diese innere Beurteilungsinstanz.
Wann bekommen wir nun ein schlechtes Gewissen?
Handeln wir entgegen unserem Gewissen bekommen wir Gewissensbisse, die mit dem unangenehmen Gefühl der Schuld einhergehen. Und das ist gar nicht so leicht auszuhalten und wieder abzustellen. Wenn wir unser Handeln dann als falsch anerkennen, hat das nagende Gefühl seinen Sinn. Denn wenn wir das fälschlicherweise Gesagte oder Getane reflektieren und Schritte zur Wiedergutmachung unternehmen, uns beispielsweise entschuldigen oder für einen Schaden aufkommen, lässt es uns wieder los. Das schlechte Gewissen sorgt zudem dafür, dass wir das nicht noch mal machen. Wir lernen also und entwickeln uns weiter.
Was aber, wenn wir zu unrecht ein schlechtes Gewissen bekommen?
Das kann beispielsweise eintreten, wenn Sie Ihrem Chef sagen, dass Sie nicht länger bereit sind, so viele Überstunden zu machen. Oder wenn Sie Ihrer Familie die versprochene Wanderung am Wochenende absagen müssen, weil Sie zu geschafft sind. Vielleicht auch, wenn Sie Ihrem Partner beibringen, dass Sie dringend ein eigenes Schlafzimmer benötigen, da Sie durch seine oder ihre Schnarcherei kein Auge mehr zutun können.
Hier zeigt sich, dass unsere Überzeugungen und Werte und auch das Gewissen als inneres Beurteilungssystem tief in uns verankert sind. Das merken wir vor allem dann, wenn wir etwas anders machen wollen als bisher. Denn die alten Denk- und Beurteilungsmuster wirken zunächst noch immer und so bekommen wir trotz neuer Überzeugung ein schlechtes Gewissen und fühlen uns unwohl. Die Crux ist: rein rational wissen wir, dass das neue Verhalten gut für uns ist. Anfühlen tut es sich jedoch so, als hätten wir etwas falsch gemacht und Schuld auf uns geladen. Unser Verstand ist hier viel schneller als unser Gefühl. Wir haben das Neue noch nicht verinnerlicht, daher bohrt das schlechte Gewissen weiter.
Oft sind zudem auch Wertekonflikte oder ein schwaches Selbstwertgefühl im Spiel. Dann kommen zweifelnde Fragen a la „Ist es wirklich in Ordnung, dass ich meine Familie am Wochenende im Stich lasse, nur um mich auszuruhen?“ Auch das führt dazu, dass wir Gewissensbisse spüren, obwohl uns ganz klar ist, dass das, was wir tun, richtig ist.
Wenn Sie nun wissen wollen, wie Sie das schlechte Gewissen loskriegen oder aber zumindest besser aushalten können, dann kommen Sie wieder hier im Blog vorbei. Denn darüber werde ich im Beitrag „Mit schlechtem Gewissen fertigwerden“ berichten.