Zum ungelogen neunten Mal setze ich nun an, diesen Blogartikel zu schreiben. Immer kam irgendwas oder irgendwer dazwischen. Kennen Sie das auch?
Damit die Versuchungen und Ablenkungen nicht umsonst waren, schreib ich nicht den ursprünglich geplanten Text über erfolgreiche Methoden der Positiven Psychologie, sondern sage Ihnen lieber, wie es mir ergangen ist und ich mich in Zukunft zu disziplinieren und der Störungen zu befreien gedenke:
- Waschmaschine fertig und trötet los. Genervtes Augenrollen. – Das Signal hab ich nun abgestellt, wollte ich schon lange machen; war nach einem Blick in die Gebrauchsanweisung auch gar nicht so schwer. – Weiter geht’s.
- Ich greife zur Teetasse. Leer. Mist! Lange schon wollte ich mir angewöhnen, vor Arbeitsbeginn einen entsprechend großen Trinkvorrat zuzubereiten. Na, dann eben jetzt und ab morgen vorm Loslegen. – Wo war ich im Text?
- Klingelingeling: Der Postbote fragt, ob ich für den Nachbarn das Paket annehmen könnte. Wenn der nette Mann da so vor mir steht und freundlich fragt, fällt mir ein „Nein“ schwer. Daher mein Beschluss: An Tagen oder mehreren Stunden, an denen ich keine Coachings oder sonstige Termine habe, stelle ich konsequent die Klingel ab. Mache ich ja während der Coaching-Sessions auch. Erinnerung in den elektronischen Kalender, damit ich hinterher nicht vergesse, sie wieder anzustellen. Ruhe ist.
- Bimmelimmelim. „Ja geht’s noch?“ – Handy vergessen auf lautlos zu stellen –Verzeih ich mir, geh aber trotzdem nicht ran. Der Dauererreichbarkeitsfolter hab ich mich schon vor langer Zeit entzogen. Ich habe eine Box, da kann jeder seine Nachricht hinterlassen. Ich rufe dann zurück. Jetzt noch den Erinnerungspiep für neue Nachrichten ausstellen. – Nun aber, alle Telefontöne aus. Weiterschreiben.
- Lautes „Dauer-Nääääääääääää“… So ein Laubbläsertyp krawallt scheinbar endlos auf dem Gehweg vor dem Haus herum. Mann! Wieder aus dem Schreibfluss gebracht! Wieso können die eigentlich nicht einfach einen guten, alten Rechen nehmen?!!“ Nun, ich weiß, das hab ich nicht in der Hand. Aber Ohropax im Haus. Rein damit und wieder ran an den Artikel.
- Eine Idee schießt mir ins Hirn und mich zugleich aus der Schreiberei raus: Ich könnte mir eine Checkliste für ungestörtes Arbeiten erstellen. Da stehen alle potenziellen Unterbrecher und Störer drauf. – Ja, mach ich gleich, wenn der Artikel fertig ist… Na ok, ein paar Stichpunkte schon jetzt, damit ich sie nicht vergesse… 10 Minuten gehen ins Land, die handschriftliche Checkliste ist fertig. Schön. Blöd ist nur, dass ich jetzt wieder ordentlich „Einrichtungszeit“ für meine eigentlich geplante Arbeit brauche.
- Plötzlich tippt mir jemand auf die Schulter. Ich schrecke wie verrückt zusammen. Mein Partner steht neben mir und guckt mich ganz schuldbewusst an. Dank Ohropax hab ich ihn nicht kommen hören. – An Weiterschreiben ist nicht zu denken. Wir trinken erst mal gemütlich einen Kaffee zusammen. – Ach, welch schöne Unterbrechung!
- Dann wieder ran an den Artikel. Bing: Computermeldung „Windowsupdate“. Nachdem ich das schon einige Male weggeklickt hatte, habe ich jetzt keine Wahl mehr. Der Laptop installiert fröhlich irgendwelche Systemerweiterungen. Ich sitze tatenlos daneben und muss abwarten. Ok, auch hier bin ich nun machtlos. Nehme mir aber vor, die Updates nächstens bewusst und rechtzeitig anzustoßen, damit so was nicht noch mal passiert.
- So, nun sitze ich wieder da und versuche meinen Artikel auf die Reihe zu kriegen. All die Vorkommnisse lassen mich nicht los. Ich beschließe den Themawechsel. – Und huch, wie das fließt. So muss es sein.
Meine Checkliste für ungestörtes Arbeiten werde ich nun auch elektronisch erstellen und gern für Sie zum Download bereitstellen.
Wahrscheinlich wird trotzdem nicht alles immer perfekt und flüssig laufen. So ist das Leben. Und die ein oder andere ganz besondere Ablenkung, wie das ungeplante, überraschende Kaffeetrinken mit einem lieben Menschen, sollten wir wohl auch nicht verhindern, sondern an Oscar Wilde denken, der so schön sagte:
„Versuchungen sollte man nachgeben. Wer weiß, wann sie wiederkommen.“