Genießen Sie selbstbestimmt?!

Kürzlich war ich als Referentin in Heidelberg auf einem Kongress. Beim Frühstück im Hotel plauderte ich mit vier wildfremden Menschen über Sehenswertes in der Stadt. Ich erzählte von dem interessanten Absinth-Laden, den es dort gibt.

Die Reaktionen darauf: 

  1. „Absinth? Der ist doch schädlich!“
  2. „Absinth. Hahah, la vie bohème!“
  3. „Der ist doch dar nicht erlaubt!“
  4. „Na, ich weiß nicht… Wegen dem Zeug hat sich doch van Gogh das Ohr abgeschnitten.“
 
Meine Begeisterung für das Geschäft, in dem mir der kundige Betreiber hingebungsvoll allerlei Wissenswertes über Geschichte, Herstellung und Mythen zu diesem Trank erzählte, wollte keiner hören. Vielmehr schallten bei mindestens drei von den vieren sofort die Vernunfts-Alarmglocken.

Genussverhinderer anschauen

Das Gespräch hat mich inspiriert, mal einen Beitrag zum Thema Genuss – konkret Selbstbestimmung versus Fremdbestimmung dabei – zu schreiben. Mir scheint, dass wir ganz schön oft sehr vernünftig und kontrolliert unterwegs sind.

Berufsbedingt weiß ich, dass Viele eine ganze Menge Genussbringendes nicht ausleben. Bei manchen dieser Dinge mag das auch gut und gesund sein. Doch oftmals versagen sich Menschen etwas beispielsweise aus Scham oder weil es als „nicht gut“ deklariert ist. Dann kleben da Verbots-Etiketten wie „Macht man nicht.“, „Dafür bin ich zu alt.“ oder „Dadurch werde ich dick.“ … drauf. Diese hinderlichen Glaubenssätze stehen dann dem Genusserleben im Weg.

Wie steht es bei Ihnen?

Wer selbstbestimmt genießen will, sollte daher seine Genussverhinderer und Verbots-Etiketten mal kritisch unter die Lupe nehmen. Fragen Sie sich doch mal: 

Was verbinde ich mit „Genuss“?

Schreiben Sie alles auf, was Ihnen einfällt. Und fragen Sie sich dann:

Was davon tue ich?

Wenn da eine große Soll-Ist-Diskrepanz auftaucht, sollten Sie sich weiter befragen und auch herausfinden: 

Woher kommt`s?

Ein Aspekt des „Woher kommt`s?“ ist unsere Prägung. Wie so vieles, wird auch unser Genussverhalten in der Kindheit geformt, jedoch nicht nur. Darüber hinaus werden wir beispielsweise auch durch gesellschaftliche, religiöse oder gruppenspezifische Vorgaben beeinflusst. Gerade die Genusskontrolle war und ist immer auch politisch. Und selbst in unserer heutigen, scheinbar freien und selbstbestimmten Zeit befolgen wir oft einfach Vorgaben oder Verbote. Gar nicht selten wurden die nur deshalb gemacht, weil sie lustvolles Verhalten reduzieren oder verhindern und bei Nichteinhaltung ein schlechtes Gewissen verursachen sollen. Unter dem Deckmantel von „zum Wohle aller“ oder „zum Wohle für die Gesundheit“ steht dann schlicht die Idee, Menschen zu steuern und beispielsweise brav oder arbeitsam zu halten.

Schauen Sie doch mal aus diesem Blickwinkel auf Ihr Genussleben und hinterfragen Sie, inwieweit Sie sich von wem oder was zur Genussunterdrückung bringen lassen. Nur dann wird selbstbestimmtes Genießen möglich.

Kontrollieren Sie!

Wer sich für Genuss und seine Hintergründe und Voraussetzungen interessiert, weiß, dass Genuss durchaus Kontrolle braucht. Doch davon gibt es 3 Arten: 

  1. Sie lassen sich von anderen kontrollieren, beispielsweise von der Meinungsmache in den Medien oder durch Regelungen anderer. 
  2. Sie werden von etwas kontrolliert, beispielsweise von einer Sucht oder ständigem Drang, etwas Tun zu müssen.
  3. Sie kontrollieren, was Sie für richtig oder falsch halten und was Sie genießen oder eben bleiben lassen.

Fragen zur Selbsteinschätzung hierfür können sein:

  • Wo kontrolliere ich und wo werde ich kontrolliert? 
  • Was will ich?
  • Wie und in welchem Maße möchte das genießen?

Viel Spaß beim Herausfinden und vor allem beim Tun!

Um die Hintergründe und Voraussetzungen für Genuss geht es auch in meinem in Kürze online gehenden Selbstlernkurs „Mir geht`s gut!“. Neben dem Lernen des Autogenen Trainings und dem richtigen Umgang mit Stress geht es darin auch um die Steigerung des Wohlbefindens und der Lebensfreude. Genuss ist dabei natürlich ein wesentlicher Punkt.

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Absinth ist übrigens bereits seit einigen Jahren wieder erlaubt. Ob sich der gute alte Sonnenblumenkünstler tatsächlich wegen der grünen Fee das Ohr abschnitt, wird widersprüchlich diskutiert. Zudem waren damals die Rezepturen „heftiger“ als heute. Und schädlich – hm, ich würde sagen, es kommt auf das Maß an. 

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